Die Ameisenkühe


Die echten Ameisengäste - der Symphilie-Typ - wird bei uns nur durch die Keulenkäfer, die bei Lasius-Arten leben, vertreten. Die Gattung Claviger gehört heute zur Familie der Kurzflügler (Staphylinidae), früher zu den Palpenkäfern (Pselaphidae). Die Keulenkäfer sind augenlos, haben verkürzte Fühler und sind fast laufunfähig. Sie stellen die höchste Entwicklungsstufe der Myrmecophilie bei den Käfern dar. Sie sind sozusagen Haustiere der Ameisen, die außerhalb der Nester nicht mehr lebensfähig sind. Sie sind blind und werden von den Ameisen gefüttert, machen sich aber auch über die Larven ihrer Wirte her. Im Inneren des Körpers gelegene Drüsen liefern ein von den Ameisen begehrtes Sekret (Exsudat), das über Ausfuhrgänge, deren Öffnungen von gelben Haarbüscheln in den Vorderecken des ersten freiliegenden Hinterleibsringes bedeckt werden, ausgeschieden wird. Bevorzugt bei Lasius flavus lebt Claviger testaceus und bei Lasius umbratus die Schwesterart Claviger longicornis. Oft finden sich nur wenige dieser "Ameisenkühe" in den Nestern, in der Literatur wird aber auch berichtet, dass schon Staaten an den Besäufnissen mit dem Käferschnaps zu Grunde gegangen sind. Beide Arten sind flugunfähig und kommen heute vielfach nur noch reliktartig vor, da sie darauf angewiesen sind, von Ameisen beim Umzug mitgeschleppt zu werden.




Die Ameisenkiller


Das andere Extrem sind Käferarten, die Ameisen jagen und fressen (Synchethrie). Bei den Kurzflüglern gibt es einen vergleichsweise artenarmen Tribus, die Zyrasini, deren Arten an spezielle Ameisenarten gebunden sind. Es gibt in der Gattung Lomechusa sogar Arten, bei denen Larven und Imagines bei unterschiedlichen Wirten leben (Myrmica und Formica). Am häufigsten und bekanntesten sind die Arten der Gattung Zyras, von denen oft mehrere Arten gemeinsam bei Lasius fuliginosus vorkommen. An ihren Straßen "lauern" die Käfer, die die Ameisen überfallen, ihnen den Kopf abbeißen, um sie anschließend zu verzehren.


Drusilla canaliculata


Ein Ameisennest ist ein Komposthaufen


Ein Komposthaufen und ein Ameisennest haben vieles gemeinsam: Spezielles Mikroklima, Nahrung im Überfluss und ein Lückensystem. So verwundert es nicht, dass viele Ameisengäste nahe Verwandte besitzen, die Ansammlungen faulender Pflanzenstoffe besiedeln. Hier finden sich in Ameisennestern die sogenannten indifferenten Arten oder geduldeten Untermieter, der sogenannte Synökie-Typ. In diese Kategorie fällt die Mehrzahl aller Ameisengäste. Diese Käferarten haben unterschiedliche Strategien, aber auch morphologische Anpassungen entwickelt, die ihr Überleben im Ameisennest ermöglichen und die in den folgenden Beispielen vorgestellt werden sollen.


Arten aus Formica-Hügeln, die enge Verwandte besitzen, die faulende Pflanzenstoffe besiedeln:



Zwerge fallen nicht auf


Eine gute Möglichkeit als Untermieter nicht aufzufallen, ist sich ganz klein zu machen. Das machen die Massen von Milben, die in Ameisennestern als Müllabfuhr unterwegs sind, aber auch einige Käferarten im Größenbereich von 1 mm und weniger. Vertreter finden sich unter den Federflüglern (Ptiliidae) und den Ameisenkäfern (Scydmaenidae), deren Name allerdings nur auf ihren ameisenähnlichen Körperbau zurückgeht. In Formica-Nesthügeln leben beispielsweise der an Schimmelpilzen fressende Federflügler Ptenidium formicetorum und der Ameisenkäfer Euconnus pragensis, der gepanzerten Milben nachstellt.



Unsere kleinste Käferart, der Federflügler Nephanes titan - man beachte den Namen - ist übrigens 0,5 mm groß. In Skandinavien wurden kürzlich noch kleinere Käfer aus der Gattung Nanosella entdeckt, deren nächste Verwandte in Südamerika leben.


Ptenidium formicetorum Euconnus maeklini



Am Panzer die Zähne ausbeißen


Viele Käferarten schützen sich durch einen besonders robusten Körperbau, der von Fressfeinden nicht zu knacken oder auch nicht zu verdauen ist - so wurden sogar schon überlebende Pillenkäfer im Krötenkot gefunden. Käferarten des sogenannten Trutztypus finden sich bei vielen Ameisen. Bei Formica-Arten gibt es sogar Spezies, die sich morphologisch an das

Leben bei den Ameisen angepasst haben. Während ihre nächsten Verwandten schwach gerippte Flügeldecken besitzen, haben die Nestbewohner eine völlig glatte Oberfläche. Eine Ameise, die einen

solchen Käfer mit den Mandibeln packen will, rutscht einfach am Käfer ab und greift ins Leere.


Myrmetes paykulli



Räuberisch in Ameisennestern leben so zum Beispiel die Stutzkäfer (Familie Histeridae) Myrmetes paykulli und Dendrophilus pygmaeus. Aus der Familie der Schimmelkäfer (Cryptophagidae) findet sich bei Formica die Art Emphylus glaber. Eine weitere Technik der Verhaftung durch Ameisen zu entgehen, praktiziert der Glanzkäfer (Nitidulidae) Amphotis marginata: Breit und flach presst er sich an die Wände in den Kartonnestern der Lasius fuliginosus. Seine Biologie ist noch nicht gänzlich geklärt, es besteht aber Grund zur Vermutung, dass seine Larven sich in Pflanzengallen und nicht in Ameisennestern entwickeln.








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