Gründungs- und (bei Erfolg) Haltungsbericht zu Lasius fuliginosus

  • Hochwohlgeborenes Forum,


    seit einiger Zeit schon läuft mein Gründungsversuch mit einer Königin der glänzendschwarzen Holzameise Lasius fuliginosus. Ich wollte erst einmal abwarten ob das Ganze überhaupt einigermaßen vielversprechend aussieht, bevor ich den Bericht hier starte und das tut es nun. Aber von vorne:


    Gefunden habe ich die Königin am 07.05.2020 ganz unverhofft am Ende einer langen, vergnüglichen Wanderung mit Ameisensuche direkt vor meiner Haustür. Das Wetter war gut, um die 20 °C und leicht bewölkt.
    Die Gute kam dann erstmal in ein Reagenzglas mit Wassertank und musste die Nacht und die am nächsten Morgen stattfindende Reise zu meinen Eltern alleine überstehen.


    Lasius fuliginosus


    Vielleicht nochmal ein paar ganz kurze Infos zur Art selbst. Diese zur Untergattung Dendrolasius gehörende Ameisenart bewohnt Holz, totes sowie auch lebende, vorgeschädigte Bäume. Die Kolonien können extrem groß werden und bilden gut organisierte Ameisenstraßen zu ergiebigen Futterquellen. Jetzt das für diesen Bericht Wichtige: Die Gründung erfolgt (in der Natur) temporär parasitär bei weisellosen (keine Königin mehr) Kolonien der ebenfalls parasitär gründenden Arten der (Unter)gattung Chthonolasius. Der bekannteste Vertreter dieser Gattung ist Lasius umbratus.


    Mein Versuch


    Jetzt sind aber Lasius umbratus Arbeiterinnen nicht allzu leicht aufzutreiben, vor allem wenn es schnell gehen muss. Im Internet sind Berichte zu finden, bei denen eine Gründung auch mit Arbeiterinnen anderer Lasius Arten erfolgreich verlief. Hier zum Beispiel ein schöner und erfolgreicher Bericht über die Gründung mit Lasius niger: Lasius fuliginosus - Gründungsversuch bei Lasius niger
    Ich also ab in den Garten und Steine umdrehen. Das erste was mir unter die Finger kam waren ein paar Lasius flavus Arbeiterinnen. Die schienen mir geeignet. Ich sammelte also ca. 20 Arbeiterinnen auf (samt Erde, das bereue ich bis heute) und steckte sie in ein Reagenzglas mit Wassertank. Die Lasius fuliginosus Gyne hatte die Reise gut überstanden und saß inzwischen blöde herum.


    Zum Vergesellschaften der Arbeiterinnen mit der Königin ging ich wie folgt vor:


    Zunächst wurden die Lasius flavus Arbeiterinnen im Kühlschrank (8 °C) für etwa eine Stunde "ruhig gestellt". Die Königin verblieb ungekühlt. Dann wurde die Königin hinzugegeben (habe sie ins RG laufen lassen und hinter ihr dicht gemacht) und die Reaktion erst einmal beobachtet.
    Eine Arbeiterin packte sich sofort ein Bein, die Königin wehrte sich dagegen etwas blieb aber einigermaßen ruhig. Die restlichen Arbeiterinnen waren primär verwirrt und zeigten nur leichte Aggressionen. Das ganze sah einigermaßen in Ordnung aus.
    Nun wurden Königin und Arbeiterinnen zusammen noch einmal für zwei Stunden im Kühlschrank aufbewahrt, um sich unter diesen kühlen, beruhigten Bedingungen aneinander zu gewöhnen. Danach habe ich alles mit Alufolie abgedunkelt in mein Zimmer gelegt. Am nächsten Morgen war alles in bester Ordnung. Königin und Arbeiterinnen waren friedlich, hielten allerdings etwas Distanz zueinander (1/2 bis 1 Ameisenlänge).


    Jetzt folgte eine lange Zeit des Wartens. Gefüttert wurde mit Honigwasser, ab und an wurde auch mal ein Insekt angeboten, das wurde aber völlig ingnoriert...
    Je mehr Zeit verstrich, desto weiter rückte die Königin in die Mitte der Arbeiterinne, nach ein paar Tagen konnte ich auch das erste Mal bezeugen, dass die Königin von Arbeiterinnen gefüttert wurde. Nach zwei Wochen war ich mir sicher, dass der Hinterleib der Königin nun doch angeschwollen war. Im Vergleich zum Beginn ein, wenn auch kleiner, Unterschied. Jetzt besaß sie eher den Körperbau einer kleinen claustral gründenden Gyne, als den einer sozialparasitär gründenden. "Dehnfugen" waren und sind bis heute allerdings keine zu sehen.
    Ich konnte auch ein Beweisfoto schießen, ich finde man erkennt den Unterschied zu einer frisch gefundenen Lasius fuliginosus Gyne. Das Bild stammt vom 25.05.2020, also ein paar Tage nachdem ich das erstmals bemerkte.



    Jetzt kommt die frohe Botschaft: Am gestrigen Tage, dem 04.06.2020, also über drei Wochen nach der Vergesellschaftung von Königin und Arbeiterinnen konnte ich ein erstes, winziges Eierpaket entdecken. Nicht mehr als 5 Eier, aber für mich dennoch ein Erfolg! Die Gyne ist inzwischen auch noch etwas weiter angeschwollen. Bleibt nur zu hoffen, dass das keine von den Arbeiterinnen gelegten Eier sind, aber ich bin zuversichtlich! Spätestens bei den Larven wird sich das zeigen, die sehen bei Lasius fuliginosus nämlich deutlich anders aus, gut zu sehen in dem oben verlinkten Bericht.



    Der (unscharfe) Beweis.


    Ich werde hier berichten, sobald es etwas neues gibt, oder einfach mal Bilder einstellen, wenn mir gute gelingen.


    Wenn es etwas zu diskutieren gibt, worüber ich mich natürlich freuen würde, dann bitte hier.

  • Hallo,


    inzwischen sind es schon etwas mehr Eier geworden, ich schätze die Anzahl auf etwa 15.


    Der eigentliche Grund für meinen Post ist, dass ich bei der gleichen Kolonie, der ich die Arbeiterinnen entnommen habe, ein Paar Puppen abstauben konnte (leider nur sehr wenig). Beim Transport sind diese allerdings feucht geworden. Ein paar Arbeiterinnen waren dabei, dass die sich ein wenig um die Brut kümmern. So konnte ich nach ein paar Tagen feststellen, dass einige Puppen entsorgt wurden, andere weiter gepflegt. Diese meiner Meinung nach Überlebenden habe ich nun zur L. fuliginosus Gründungskolonie hinzugegeben. Leider sind nur 5 Puppen übrig geblieben, aber besser als nichts!



    Wenn es etwas zu diskutieren gibt, worüber ich mich natürlich freuen würde, dann bitte hier.

  • Wertes Forum,


    ein kleines Update: Soweit ist alles beim Alten, etwa 20 Eier sind vorhanden. Grade eben haben sie das erste mal Proteine angenommen, eine kleine Fruchtfliegenmade. Ich nehme das als ein gutes Zeichen auf, so langsam müssten die Eier nämlich schlüpfen!



    Wenn es etwas zu diskutieren gibt, worüber ich mich natürlich freuen würde, dann bitte hier.

  • Geschätztes Forum,


    Nach einem Monat Eiern ist noch nichts passiert, ich hatte das Gefühl die Eiermenge schwankte leicht und geschlüpft ist auch nichts. Das lässt mich vermuten, dass die Eier immer mal wieder aufgefuttert werden, aber wer weiß...
    Bei Proteinen sind sie sehr wählerisch: Eine offene Fliege mit Eiern drin wurde genommen, eingefrorene Fruchtfliegen und jegliches anderes Zeug ignoriert. Gestern habe ich eine wilde Fruchtfliege etwas mit dem Feuerzeug erwischt, sie hat aber noch gezappelt. Die habe ich ihnen dann ins Reagenzglas gelegt. Nach einigem Zögern haben sie sie schließlich erlegt und verwertet... Vielleicht wollen sie Blut sehen?


    Weshalb ich eigentlich schreibe: Ich hatte ja schon erwähnt, dass Erde im Reagenzglas war und das die Nesteinsicht extrem behinderte. Heute hat es mir gereicht und ich habe sie (unsanft) umgesiedelt... im Nachhinein keine allzu besonnene Tat, aber ich bereue es auch nicht wirklich. Bei der Aktion ging leider ein Großteil der Eier drauf, was aber absehbar war. Jetzt sind noch maximal 5 Eier vorhanden, aber die Königin ist jetzt fast schon stark physogastrisch, Dehnfugen sind sichtbar. Und es gibt endlich gescheiten Nesteinblick und für euch springen dabei beim nächsten mal bestimmt ein paar Bilder raus.


    Ich melde mich, wenn es neues gibt, was aber bei Lasius fuliginosus etwas dauern kann!



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  • Geachtetes Forum,


    verzeiht mir bitte den Verspäteten Bericht, habe zur Zeit viel um die Ohren.
    Ich kann inzwischen von den ersten Larven berichten. Seit dem 30. Juli waren sie zu erkennen. Leider sind es nur sehr wenige geworden, nämlich 5 Stück in verschiedenen Größen. Eier sind keine mehr zu sehen, die Königin ist allerdings stark physogastrisch... vllt werden dieses Jahr ja noch welche gelegt.
    Bilder kriege ich momentan keine guten hin, ich muss mir irgendwas mit der Belichtung einfallen lasssen.


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  • Hallelujah,


    ist schon eine Weile her, seit ich das letzte Mal etwas von mir hören gelassen habe. Dafür kann ich euch nun endlich von Erfolg berichten.


    Kurz nach meinem letzten Bericht hatten sich die Larven zu insgesamt 5 Puppen verpuppt. Seit dem war, wie auch zuvor, kaum Außenaktivität zu vermerken. Honigwasser wurde ab und zu angenommen, Proteine gänzlich verschmäht. Die Königin ist weiterhin physogastrisch, zu einer Eiablage kam es allerdings nicht mehr.
    Gegen Ende des letzten Monats ging es dann in einen einwöchigen Urlaub und als ich am 27. September aus diesem heimkam, erwartete mich die freudige Überraschung. Die ersten Lasius fuliginosus Arbeiterinnen waren geschlüpft. Leider sind aus den 5 Puppen nur 2 Arbeiterinnen geworden, die restlichen sind aus mir unbekannten Gründen abgestorben. Eventuell gab es Unstimmigkeiten mit den Lasius flavus Pflegerinnen beim Schlupf. Nichtsdestotrotz freue ich mich sehr, dass es so aussieht, als würde der Gründungsversuch erfolgreich verlaufen. Das hätte ich anfangs ehrlich gesagt nicht erwartet.



    Die ersten Arbeiterinnen, gut integriert in die Kolonie.

    Da das Jahresgeschäft der Kolonie für mich somit beendet ist, habe ich sie vorgestern in ein neues Reagenzglas mit vollem Wassertank - der Alte war fast leer - umgesiedelt und zur Winterruhe im Kühlschrank bei etwa 7 °C untergebracht. Auf eine langsame Gewöhnung an niedrigere Temperaturen musste ich, mangels einer Möglichkeit dazu, verzichten. Ich glaube allerdings nicht, dass es den Tieren sonderlich schadet, solange die Temperatur nicht direkt unter den Gefrierpunkt fällt. Heute habe ich noch einmal nachgesehen ob alles in Ordnung ist und es sieht gut aus, sie sitzen eng beieinander und leben alle noch.


    Zusammenfassung und Fazit des ersten Jahres

    Nun ist es auch an der Zeit die Entwicklung noch einmal zusammenzufassen und ein erstes Fazit zu meinem Gründungsversuch zu ziehen.


    Nach der erfolgreichen Vergesellschaftung der Gyne mit den Arbeiterinnen - durch Kühlung der Parteien und anschließendem Zusammengeben - dauerte es bis zur Eiablage eine Weile. Auch ab dann ging die Entwicklung äußerst langsam und unter nicht gerade kleinen Verlusten in der Anzahl einher. Vom Ei zur Arbeiterin betrug die Entwicklungsdauer etwa 3 1/2 Monate. Aus zwischenzeitlich 20 Eiern wurden letztendlich lediglich 2 Arbeiterinnen. Die Kolonie zeigte insgesamt kaum Außenaktivität und gab sich bei Nahrung sehr wählerisch.


    Aktueller Stand der Kolonie: 1 Königin L. fuliginosus
    2 Arbeiterinnen L. fuliginosus
    1 Larve L. fuliginosus
    24 Arbeiterinnen L. flavus



    Ich kann jetzt sagen, dass Lasius flavus durchaus als Hilfsameisen zur Gründung von Lasius fuliginosus genutzt werden können. Ob sie sich besser eignen als zum Beispiel Lasius niger, wage ich allerdings zu bezweifeln. Aus verschiedenen Quellen habe ich von Gründungsversuchen mit Lasius niger gehört, bei denen wesentlich mehr Brut aufgezogen wurde als bei mir. Ein anderer Grund für die lange Entwicklungsdauer und geringe Anzahl an Brut könnte aber auch meine Ungeduld sein. Ich habe der Kolonie nicht viel Ruhe gegönnt, eigentlich jeden Tag mindestens einmal hinein gesehen. Das werde ich nächstes Jahr anders machen und mich in Zurückhaltung üben.
    Letztendlich hat sich der Gründungsversuch als nicht sonderlich schwierig, allerdings sehr langwierig, herausgestellt. Man muss viel Geduld mitbringen. Der einzige kritische Punkt ist die Vergesellschaftung von Königin und Arbeiterinnen, aber auch das ist ohne großen Aufwand zu schaffen. Zwischendurch kann natürlich mit etwas Pech auch etwas schief gehen, das ist aber bei jeder Gründung oder kleinen Kolonie gegeben.


    Im nächsten Jahr plane ich, der Kolonie wie gesagt mehr Ruhe zu gönnen und sie zur Unterstützung mit weiteren Lasius flavus Puppen zu pushen, bis ein stabiler Bestand an Lasius fuliginosus Arbeiterinnen aufgebaut ist. Ich freue mich auf die Haltung dieser interessanten Art und hoffe, dass die Entwicklung weiterhin gut und nächstes Jahr etwas schneller voran geht.


    Bis dahin,


    Jebetus von Wabern


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  • Es geht endlich weiter,


    ihr seid sicher schon gespannt wie Flitzebögen auf die Fortsetzung des Haltungsberichts. Und jetzt ist es endlich so weit, seit dem 01. März ist die Kolonie wieder aus der Winterruhe. Es gab keine Verluste, die Bestandsaufnahme vom letzten Beitrag ist also weiterhin gültig.


    Start ins 2. Jahr

    Der Start ins neue Jahr lief bei der Kolonie reibungslos ab. Zu meiner Freude zeigen sie wesentlich mehr Aktivität als letztes Jahr mit manchmal bis zu 10 Arbeiterinnen außerhalb des Nestes.
    Proteine werden auch ganz anders geschätzt als letztes Jahr, innerhalb der letzten drei Wochen wurden 4 kleine Heimchen und etwas Mehlwurm freudig aufgenommen. Die Proteine landeten teilweise in der einzigen Larve (die den Winter auch unbeschadet überstanden hat) und zum Großteil in der Königin, die mit jedem Futterinsekt spürbar zunimmt.
    Mit dem Eierlegen hat sie sich wieder etwas Zeit gelassen, aber inzwischen war es so weit. Gestern (ich schaue etwa alle 3-4 Tage hinein) habe ich das erste Eierpaket von ca. 15 Eiern gesehen, die Königin war unvermindert physogastrisch.


    Es geht also gut los und ich gehe davon aus, dass noch mehr Eier folgen, oder sogar schon da sind!


    Was das pushen mit Lasius flavus Puppen angeht: Meine derzeitige "Puppenproduktionskolonie" entwickelt sich auch gut, ich bin noch am Überlegen ob ich es wirklich machen werde. Wenn die Lasius fuliginosus Kolonie auch ohne pushen viel Brut aufzieht, werde ich es vermutlich unterlassen.


    Das war es ersteinmal von mir, bis zum nächsten Mal (mit Bildern)


    Euer ergebenster Jebetus


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