Königin - Lasius flavus oder Tetramorium?

  • Hallo!

    Ich habe jetztes Jahr - irgendwann zwischen Juni-August, einige Königinnen aus unserem Pool (RLP) "gerettet" und gründen gelassen. Eigentlich bin ich davon ausgegangen, dass es sich um Lasius flavus handelt. Jetzt habe ich das Wasser aufgefüllt und bei genauerem betrachten, bin ich unsicher geworden.

    Im vgl. zu meiner L. flavus Königin scheint mir diese Königin etwas zu schmal und länglich. Die bisherigen Arbeiterinnen sind sehr klein und gelblich. Deshalb eine spontane Idee: Tetramorium.

    Die Königin ist ca. 6mm lang, die Arbeiterinnen ca. 2mm.

    Hat jemand eine Ahnung?


    Die Bilder sind leider nicht die Besten, morgen versuche ich mal noch bessere zu schießen.

  • Hallo daddel,


    für die Artbestimmung hangelt man sich am Besten durch ein paar Merkmale, die schon vieles ausschließen können. Klar gehört auch ein bisschen Erfahrung dazu.

    Selbst mit Bestimmungsschlüssel ist das nicht einfach und oft gehört auch einfach gute Ausrüstung dazu, da sich die Merkmale von Gattungen und Arten teils nur in winzigen Details unterscheiden. Und selbst dann kommt man als Nicht-Experte nicht immer zum Ziel.


    Vor allem erkennt man diverse Unterfamilien aber schon am Aufbau des Abdomens, v.a. des Stielchenglieds, also der Verbindung zwischen Thorax und Gaster.


    Bei deiner Gyne kann man hier sehr schön sehen, dass ihr Stielchenglied sowohl einen Petiolus, als auch Postpetiolus hat (zur Erklärung der Begriffe sind diese verlinkt, reicht für eine Kurzbeschreibung auch schon mit der Maus darüber zu schweben). Das Stielchenglied ist also sichtbar sehr knubbelig/knotig. Daran kann man schon erkennen, dass es sich um eine Knotenameise/Myrmicinae handeln muss, zumal ein Postpetiolus für diese Unterfamilie u.a. charakteristisch ist. Das schließt u.a. sämtliche Lasius-Arten sofort aus, da diese zu den Schuppenameisen gehören.


    Zudem haben Knotenameisen oft auch noch Dornen hinten am Thorax (direkt oberhalb des Anfangs des Stielchenglieds) - diese können auch recht kurz ausfallen.


    Hier ein Bild dazu:



    Oben Knotenameise, unten Schuppenameise.



    Solenopsis fugax könnte man ggf. noch denken, aber die schwärmen erst noch später, im August/September. Bei Temnothorax- und Leptothorax-Arten hingegen ist der Größenunterschied zwischen Gyne und Arbeiterinnen nicht derart extrem.


    Da bleibt dann eigentlich fast nur noch Tetramorium übrig, da gibt es auch eine gewisse Farbvarianz im Tetramorium caespitum/impurum-Komplex.


    Allerdings sind die Fotos leider nicht so gut, dass man das seriös abschließend beurteilen könnte.



    Was mich jetzt ein bisschen wundert: Wie hast du die Gründung durchgeführt? Denn Myrmicinae, darunter eben auch Tetramorium gründen eigentlich semiclaustral, sind also auf eine Futterzugabe angewiesen. Lasius flavus hingegen würde claustral gründen, braucht also gar kein Futter bis die ersten Arbeiterinnen da sind. Liege ich richtig, dass du die Gyne angefüttert hast?

    Träume den unmöglichen Traum, besiege den unbesiegbaren Feind, strebe mit deiner letzten Kraft nach dem unerreichbaren Stern.

    2 Mal editiert, zuletzt von ice_trey ()

  • Hi ice_trey!

    Danke für die ausführliche Antwort!


    Dornen am Thorax scheine ich zu erkennen.

    Solenopsis fugax könnte man ggf. noch denken, aber die schwärmen erst noch später, im August/September.

    Könnte auch später August gewesen sein, ich glaube aber September nicht mehr.


    Da bleibt dann eigentlich fast nur noch Tetramorium übrig, da gibt es auch eine gewisse Farbvarianz im Tetramorium caespitum/impurum-Komplex.

    Habe ich mir schon gedacht - nur eines finde ich ebenfalls komisch:


    Was mich jetzt ein bisschen wundert: Wie hast du die Gründung durchgeführt?

    Die Gründung fand komplett claustral statt, da ich von Lasius flavus ausgegangen bin.

    Spricht das doch evtl. für Solenopsis fugax? An welchem Merkmal sind diese abzugrenzen?

  • Die claustrale Gründung spricht gegen Tetramorium. Dass es diese ohne jede Nahrungszugabe schaffen, wäre mir neu. Im Normalfall tritt nach einiger Zeit dann Brutfraß auf.


    Und je länger ich die Tiere ansehe, desto viel zu hell kommen mir die Arbeiterinnen vor. Da hab ich mich vielleicht auch von den Fotos vom Antstore täuschen lassen - die Tiere dort sind ggf. noch etwas jünger.

    Wie gesagt gibt es zwar eine gewisse Farbvarianz im Tetramorium caespitum/impurum-Komplex, aber ganz so hell und gelb... kenne ich so nicht. Eher schwarz bis ins, teils auch etwas hellere bräunliche.


    Zitat von daddel


    Spricht das doch evtl. für Solenopsis fugax? An welchem Merkmal sind diese abzugrenzen?


    An den Dornen, denn Solenopsis fugax hat diese nicht. Dornen kann ich für meinen Teil nicht sehen, aber das ist auf den Fotos auch kaum zu erkennen, die sind einfach zu schlecht aufgelöst und dunkel. Ich hab das mal heller gemacht und per KI die Auflösung verbessern lassen, aber das reicht so immer noch nicht. Dornen sehe ich aber auch so keine - die sind allerdings bei Tetramorium auch ziemliche Stummel. Ich erlaube mir mal, ein Bild im Ameisenforum zu verlinken: https://ameisenforum.de/soleno…r-tetramorium-t56808.html


    Deswegen tendiere ich mehr und mehr eher Richtung Solenopsis fugax, seriös sagen lässt sich das vielleicht mit deutlich besseren Bildern.


    Vielleicht schaffst du es, nochmal bessere Fotos zu machen, v..a. von der Gyne - denn die Arbeiterinnen sind eigentlich nicht bewertbar bei der Auflösung. Dazu am besten raus ans helle Tageslicht bei gutem Wetter, Kamera/Handy möglichst auf Makromodus umstellen und so nah wie möglich ran, ggf. auch ein bisschen zoomen. Viele Smartphones lassen es auch zu, den Fokus manuell zu setzen - dann lassen sie einen plötzlich näher ran, als im Automatikmodus.






    Übrigens empfehlenswert für die Beurteilung sind gute Lupen mit Beleuchtung. Gibt´s mit 30-90x Vergrößerung bei Amazon für schlappe 10-15€. Mit bloßem Auge kann man gerade bei so kleinen Tieren wie hier wichtige Details gar nicht sehen - selbst bei größeren Gattungen wie Formica brauchst du die Lupe um Härchen zu zählen und ein paar bestimmte Stellen anzusehen. U.a. deswegen ist die Bestimmung anhand von Fotos so schwierig, teils auch einfach nicht möglich :smiling_face:

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    9 Mal editiert, zuletzt von ice_trey ()

  • Hallo,


    für mich sieht es schon nach einer Tetramorium Art aus. Die Relationen und Formen der Körperglieder erinnern mich so stark daran.


    Die claustrale Gründung spricht gegen Tetramorium. Dass es diese ohne jede Nahrungszugabe schaffen, wäre mir neu. Im Normalfall tritt nach einiger Zeit dann Brutfraß auf.

    Das kann ich aus eigener Erfahrung widerlegen. Tetramorium kann auch claustral Gründen, es schlägt jedoch stark auf die Entwicklung. Ich habe vor 2 Jahren 15 Tetramorium Kolonien, aus Unwissenheit claustral gründen lassen. Ich fing erst an sie zu füttern, als sie Arbeiterinnen bekamen. 8 der 15 Kolonien schaffte die Gründung.


    *Edit:

    auf den ersten Blick würde ich sagen das dass Tetramorium ist aber bei solchen Bildern dann bin ich mir wieder unsicher Siege Bild 1 oben.

    Die Arbeiterinnen von Tetramorium kenne ich etwas dünkler, ist aber nur meine Persönliche Erfahrung.



    LG. ForceMaster!

  • Hey

    auf den ersten Blick würde ich sagen das dass Tetramorium ist aber bei solchen Bildern dann bin ich mir wieder unsicher Siege Bild 1 oben.

    Da hast du jetzt aber Lasius flavus verlinkt und das ist vollkommen ausgeschlossen aus den genannten Gründen :winking_face:



    Das kann ich aus eigener Erfahrung widerlegen. Tetramorium kann auch claustral Gründen, es schlägt jedoch stark auf die Entwicklung. Ich habe vor 2 Jahren 15 Tetramorium Kolonien, aus Unwissenheit claustral gründen lassen. Ich fing erst an sie zu füttern, als sie Arbeiterinnen bekamen. 8 der 15 Kolonien schaffte die Gründung.

    Das ist interessant, Danke für diese Info. Bei mir haben die Gynen wie gesagt irgendwann Brutfraß betrieben, wenn keine Proteine rein kamen - aber das will ja nichts heißen. Tatsächlich sind die Tetramorium-Gynen vielleicht auch ein wenig besser dafür geeignet, als manch andere semi-claustral gründende Art, da sie ja relativ viel Körpermasse haben für so ein kleines Tier. Da bleibt also durchaus ein wenig was von abgebauter Flugmuskulatur, ein wenig Fettreserven...



    Die Arbeiterinnen von Tetramorium kenne ich etwas dünkler, ist aber nur meine Persönliche Erfahrung.

    Auf ein paar wenigen Bildern im Netz sieht man gelbliche Tiere, aber meine Vermutung dazu ist, dass es sich hier um recht frische Jungtiere handeln dürfte, die noch nicht ausgehärtet sind. Ich hab jetzt nochmal Bestimmungsbücher zu Rate gezogen, sowie diverse Quellen wie Antwiki.org und in allen Publikationen werden die Arbeiterinnen als rotbraun bis dunkelbraun, schwärzlich beschrieben. Da die Tiere auf den Fotos aber ja von letztem Jahr stammen, ist das Aushärten bereits lange abgeschlossen und das ist ihre natürliche Farbe - gelb. . Ich hab mich da auch erst von ein paar Bildern im Netz fehlleiten lassen (eigentlich sollte ich es besser wissen... besser gleich den Seifert und andere gute Publikationen anschauen, statt Internetbilder... :face_with_rolling_eyes: )




    Wie gesagt, vielleicht geht es mit ein paar besseren Bildern.

    Träume den unmöglichen Traum, besiege den unbesiegbaren Feind, strebe mit deiner letzten Kraft nach dem unerreichbaren Stern.

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