Ameisennest im Blumenkübel

  • hallo.

    Auf der Südseite unseres kleinen Gartens haben Waldameisen einen großen Blumenkübel gekapert. Sie sind in die Ablauflöcher am unteren Rand eingezogen. Die Höhe des kübels ist ungefähr 50 cm und der Durchmesser ca 35. sie sind dann mit der Brut innerhalb von wenigen Tagen dort hinein marschiert. Mittlerweile haben sie die Oberfläche erreicht. Es ist ein irres Gewusel. Die Pflanzen darin haben sie wohl an den Wurzeln zerstört. Naja. Ich möchte sie nicht stören und sie können gerne im Kübel bleiben. Kann ich sie irgendwie dabei unterstützen? Ich fürchte im Sommer wird das sehr warm wenn die Sonne den ganzen Tag auf den schwarzen Kübel scheint.

  • Hi Steppe76

    Sehr löblich, dass die Tiere bleiben dürfen. Du dürftest, sollte es sich um Waldameisen handeln, ohnehin nicht belästigen - sie stehen unter Besonderem Schutz und da muss man leider die Finger von lassen.

    Auf den Fotos sieht es bzgl. Farbgebung danach aus, aber die sind leider auch ziemlich unscharf. Zudem kann man die einzelnen Arten teils nur unterscheiden, indem man Härchen an Rücken/unter dem Kopf zählt, usw.). Aber: Es ist eine rot-schwarze Formica sp. und da ist die Chance schon sehr groß, dass es eine echte, hügelbauende Waldameisenart ist (und nicht Formica sanguinea z.B., die nicht unter Besonderem Schutz steht). Das müsste man im Zweifelsfall nochmal klären lassen.

    Da der obere Teil des Nests nur die Spitze des Eisbergs ist, würde ich mir da nicht viel Gedanken machen, ob es ihnen zu heiß wird. Es gibt ja auch kühleres Erdreich darunter. Zudem kann die Hitze ja nach oben entweichen, es ist kein geschlossener Behälter. Der (natürlicherweise gebaute) Ameisenhügel würde im Endeffekt auch zu nichts anderem dienen - er ist ein Sonnenkollektor für die Wärme. Der Kübel muss nun halt zwangsweise dort stehen bleiben, denn er ist mit dem Erdnest darunter verbunden.

    Ich möchte allerdings prophylaktisch darauf hinweisen, dass Waldameisenvölker sehr volkstark werden können und auf Dauer wirklich auch lästig, wenn sie in großen Mengen auf Futtersuche gehen. Du kannst die Ameisenmengen irgendwann auch nur noch begrenzt steuern durch Futterplätze o.Ä.

    Aus welchem Bundesland kommst du denn?

    Träume den unmöglichen Traum, besiege den unbesiegbaren Feind, strebe mit deiner letzten Kraft nach dem unerreichbaren Stern.

  • hallo. Ich bin aus dem raum Stuttgart. Es ist vlt eine blutrote raubameise.

    Ich würde sie gerne da wohnen lassen. Den Topf überlasse ich ihnen meinetwegen. Bedingung ist halt dass sie nicht zu aggressiv werden und nicht die anderen Pflanzen in den Töpfen daneben schädigen. Der kübel ist jetzt ihr gesamtes Heim. Der kübel steht auf steinfliesen.

  • Steppe76
    Die Art die in deinen Blumenkübel gezogen ist ist wenn ich mir den Kopf ansehe eine Formica (Serviformica) sp.

    Der Färbung nach gehört sie zur rufibarbis Gruppe, von der bei uns 3 Arten vorkommen. Formica cunicularia, Formica rufibarbis und Formica clara.

    Formica cunicularia kann ich sicher ausschließen da diese nicht so eine Starke Orange Färbung auf dem Thorax besitzt und die Verteilung der Kopf Pigmentierung anders ist.

    Es ist also sehr sicher entweder Formica rufibarbis oder Formica clara, beide sind leider aber nicht so einfach von einander zu unterscheiden und braucht oft mehrere Arbeiterinnen an denen man vor allem die Behaarung unter die Lupe nimmt.

    Da Formica rufibarbis nach bisherigem stand aber deutlich weiter verbreitet ist würde ich eher zu dieser tendieren.

    Mit freundlichen Grüßen

    Schedow

  • Danke für die sichtbar sehr viel besseren Fotos. Auch ich gehe auf der Basis weg von Formica s. str., weil die Farbgebung nicht ganz passt (typisch wären hier auch mehr oder weniger markante Flecken oben auf dem Rücken). Eigentlich wäre es der Nestbau auch nicht, aber alles startet mal klein... und man hat einfach schon so einiges gesehen, selbst Waldameisen im Kompost, komplett ohne Hügelbau, oder in der Hausdämmung - also ebenfalls vollkommen untypisch. Man verzeihe mir, dass ich bei rot-schwarzen Formica erstmal sehr vorsichtig bin.

    Formica sanguinea ist es jedoch 100% nicht, denn diese haben eine sichtbare Einbuchtung am Kopfschild, hier aber ist dieser eindeutig spitz zulaufend. Auf deinen Fotos sieht man das sehr schön. Hier ein Foto einer Formica sanguinea Arbeiterin, damit du weißt, um was es geht:

    * Ergänzung: Die Ausbuchtung kommt bei allen einheimischen Formica, außer Formica sanguinea vor.


    Bleiben also quasi nur noch die oben bereits genannten Serviformica, wie Herr Buschinger schon gesagt hat. Dann passt auch die Nestbauweise (Erdnest, ohne auffälligen Hügel aus "Einstreu"). Eine Unterscheidung läuft hier wohl- wie bei den Formica s. str. leider auch so häufig - über Zählen der Haare an div. Körperstellen (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Rotb%C3%A4rtige_Sklavenameise). Das ist auf den Fotos wiederum nicht möglich - vermutlich auch gar nicht so wichtig.

    Auch bei diesen gebe ich aber zu bedenken, dass Formica-Arten recht aggressiv sein können. Im Gegensatz zu den Formica s. str. bleiben die Kolonien von speziell Formica clara, Formica rufibarbis oder Formica cunicularia aber immerhin recht klein. Es ist natürlich schön, wenn du die Ameisen duldest. Effektiv werden sie sich aber - wenigstens bei der Futtersuche - nicht auf den Kübel beschränken. Auch ziehen Ameisen durchaus ihr Nest um, falls es etwas besseres in der Nähe gibt.

    Träume den unmöglichen Traum, besiege den unbesiegbaren Feind, strebe mit deiner letzten Kraft nach dem unerreichbaren Stern.

    Edited 2 times, last by ice_trey (April 14, 2025 at 7:52 PM).

  • ok. Also die stehen unter Naturschutz. Dann lass ich sie wo sie sind. Falls es ihnen im Kübel zu heiß wird werden sie ja weg ziehen. Ich schätze aber dass sie in den Gärten meiner Nachbarn in dem Fall nicht auf viel Liebe stoßen werden.

    Nahrung und Wasser etc muss ich ihnen nicht anbieten?

    Soll ich den Kübel bedecken mit irgendwas oder seitlich beschatten?

  • Hi Steppe76,

    um ein sehr verbreitetes Missverständnis auszuräumen: Jedes wildlebende Tier steht in Deutschland unter "Naturschutz", darf also nicht "ohne vernünftigen Grund" belästigt, gefangen, verletzt, getötet usw. werden. Das betrifft also quasi jede Ameise, so wie jedes andere Wildtier auch, z.B. auch als lästig angesehene Wespen, Fliegen, Mücken, ... Das allein ist für die meisten Leute schon überraschend genug :winking_face:

    Darüber steht der "Besondere Schutz", was bei allen in Deutschland vorkommenden, hügelbauenden Waldameisen (also Formica s. str.) der Fall wäre. Hier stünden deutlich empfindlichere Strafen bei o.g. Vergehen und zudem gibt es z.B. Verkaufs- und Besitzverbote (daher sind diese auch nicht in der Haltung zu finden, außer ggf. illegal oder mit Sondergenehmigung). Noch darüber der Strenge Schutz, aber der spielt hier keine Rolle.

    Wenn es Serviformica sind, also z.B. Formica aus der Formica rufibarbis-Gruppe, dann stehen diese unter dem erstgenannten "allgemeinen" Schutz. In der Realität steht da als "vernünftiger Grund" allerdings regelmäßig das gärtnerische Interesse (z.B. Schutz der eigenen Pflanzungen) darüber, weswegen es bekanntlich Usus ist, dass Ameisen mit Ködern, Kontaktgift usw. vergiftet oder mit heißem Wasser überbrüht werden. Ob das so richtig ist, muss jeder selbst beurteilen. Steht ja auch nicht die Polizei am Gartenzaun, um Strafen zu verteilen :man_police_officer_medium_skin_tone: :woman_police_officer_medium_skin_tone:

    Effektiv ehrt es dich, wenn du die Ameisen da lassen willst. Du wirst da auch nicht per se eingreifen müssen, aber eben damit leben, dass sie da sind und eben auch mehr werden. Die Ameisen werden, sollte es zu heiß werden und bei Platzmangel, sicherlich auch unter die Bodenplatten graben. Der Teil im Kübel wird auf Dauer, bei wachsender Kolonie, nur die Spitze des Eisbergs sein. Ggf. versorgen sie auch irgendwann Blattläuse - man kennt das ja.

    Nahrung und Wasser finden sie von selbst, aber wenn du sehr tierlieb mit ihnen sein willst, kannst du ihnen eine Wasserquelle anbieten (z.B. ein Schälchen mit Kies drinnen, damit sie nicht so leicht ertrinken - freuen sich auch andere Insekten!). Auch Zuckerwasser wäre beliebt - so lassen sich die Ameisen auch ein wenig steuern. Das Zuckerwasser wird die Kolonie an sich btw auch nicht wachsen lassen - die Kohlenhydrate sind v.a. für die erwachsenen Tiere, das Wachstum wird v.a. durch proteinreiche Nahrung wie Insekten usw. angekurbelt, die sie in ihrem Umfeld erbeuten oder als Aas einsammeln und an ihre Brut verfüttern.

    Bei allen Fragen dazu kannst du dich jederzeit melden.

    Träume den unmöglichen Traum, besiege den unbesiegbaren Feind, strebe mit deiner letzten Kraft nach dem unerreichbaren Stern.

  • wegen dem Eiweiß hätte ich noch ne Frage. Man hört ja immer dass die Natur ein Gleichgewicht bildet und Ameisen den Garten aufräumen und "Müll" entsorgen wie zB tote Insekten etc.

    Wenn nun aber das Gleichgewicht an verfügbarer Nahrung zu Hunger nicht stimmt besteht dann nicht die Möglichkeit dass die in meinem kleinen Garten sämtliche kleinlebewesen wegfressen?

    Übrigens geht es denen prächtig und es laufen mittlerweile unzählige herum. Ich Versuche jeden Schritt bedachtsam zu gehen aber ich Wette ich habe schon so einige platt getreten...

  • Nein, das ist nicht sehr realistisch. Eine Vielzahl an Insekten ist für die Ameisen gar nicht oder nur sehr schwer zu bejagen, darunter z.B. viele flugfähige Insekten oder stark gepanzerte Käfer. Ameisen gehen daher gerne auf bereits tote oder geschwächte Tiere, sowie anderweitig leichtere Beute, die nicht allzu schnell davon kommt. Natürlich ist das Spektrum immens breit - aber effektiv hat eine Kolonie nicht die Kapazität, den Insektenreichtum in der Umgebung spürbar zu schmälern.

    Ansonsten wäre beispielsweise um jede Waldameisenkolonie (gerne mal mehrere 100.000 Arbeiterinnen stark) alles tot - aber man findet da immer noch reichlich Insekten in der Umgebung. Im Gegenteil - durch das Ankurbeln der Honigtauproduktion in der Nähe von Ameisenkolonien (durch Blattlauspflege) werden andere Insekten und auch Vögel durchaus angezogen.

    Die Insektenarmut ist menschengemacht (Rückgang von zumeist über 70% seit ca. 50 Jahren) und es benötigt gemeinsame Anstrengungen, dem entgegenzuwirken (z.B. naturbelassenere Gärten oder Gartenteile, weniger Gifte in der Umwelt/Landwirtschaft, mehr Naturflächen, usw.usf.). Schön, dass du den Ameisen eine Chance gibst!

    Träume den unmöglichen Traum, besiege den unbesiegbaren Feind, strebe mit deiner letzten Kraft nach dem unerreichbaren Stern.

    Edited 4 times, last by ice_trey (May 22, 2025 at 5:41 PM).

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