Haltung / Gründung von Lasius fuliginosus

  • Hallo,


    hat jemand Erfahrung mit der Haltung bzw. der Gründung von Lasius fuliginosus; der glänzendschwarzen Holzameise?



    Konkret: Ist es möglich, mit jungen, begatteten Gynen und Kokons von Lasius niger im Reagenzglas Kolonien zu gründen? Wer hat Haltungserfahrungen?
    Über eine Nachricht hier oder an meine Email (abelius@gmx.net) würde ich mich sehr freuen.



    LG
    KAI :danke:

    • Offizieller Beitrag

    Hallo nordbiene. Willkommen zurück, nach langer Zeit :winking_face:


    Zu deinen Fragen - geschildert aus meinen Erfahrungen mit dieser Art.


    Zur Gründung: Nein, die bloße Zugabe von Kokons ist leider bei dieser Art nicht möglich - die Gyne weiß nichts damit anzufangen.
    Schlimmer noch: Sie kann sich selbst nicht einmal wirklich versorgen, sie benötigt schnellstens Arbeiterinnen einer Wirtskolonie, die sie versorgen.
    Getestet mit einer Gyne 2008.


    Auch eine Zugabe adulter Tiere der Art Lasius fuliginosus schlug fehl - die Tiere bleiben zwar nach kurzer aggressiver Phase friedlich, kümmerten sich aber anfangs nicht um die Gyne - diese starb. Getestet in zwei Anläufen mit zwei Gynen 2009.


    Meine derzeitigen Tests beziehen sich auf die Zugabe der Lasius fuliginosus Gyne bei Lasius cf. flavus. Wie das momentan aussieht, kannst du hier nachlesen. Leider bislang auch nicht sehr vielversprechend. Die Gyne legt nach wie vor keine Eier. Kann sein, dass das an der Gyne selbst liegt, oder aber auch schlicht die Gründungsbedingungen nach wie vor nicht passen. Gerade habe ich adulte Lasius fuliginosus Arbeiterinnen zur Kolonie zugegeben, um eine bessere Versorgung der Gyne zu gewährleisten. Ergebnisse stehen aus.


    Eine Gründungsvariante mit Lasius niger habe ich bis dato noch nicht getestet, könnte mir aber vorstellen, dass die Lasius niger beim Eindringen der Gyne sehr aggressiv sind und sie verletzen könnten. Aber diese Gefahr wird auch bei der normalen Gründung in natura bei weisellosen Chthonolasius-Völkern ähnlich gegeben sein. Daher hatte ich letztes Jahr auch auf Lasius cf. flavus zurückgegriffen, da diese wenig aggressiv sind.


    Damit komme ich auch schon zu meinem Fazit: Am sinnvollsten ist und bleibt, die Lasius fuliginosus Gyne einer weisellosen Kolonie (das kann denke ich auch ein abgezweigter Teil einer größeren Kolonie sein) einer Chthonolasius-Art sein, sprich: Meistens Lasius umbratus, seltener Lasius mixtus, Lasius sabularum, Lasius jensi x umbratus und Lasius bicornis. Aber treib die erstmal auf :winking_face:
    Lasius umbratus kann man indes in einigen Shops erwerben.


    Fakt ist, dass eine Gyne, die allein ist, voraussichtlich schon in wenigen Tagen sterben wird. Sie hat beinahe keine Nahrungsreserven und muss schleunigst eine Wirtskolonie finden. Klar ist aber auch, dass das in freier Natur oft fehlschlagen wird, sonst wäre auch schon alles voll mit Lasius fuliginosus - diese Art ist wirklich äußerst dominant und verdrängt schnell andere Kolonien in ihrer Nähe.


    Zur Haltung: Deutlich weniger mit Problemen behaftet als die Gründung - jedenfalls auf den ersten Blick. Diese Art ist ziemlich robust. Die Kolonien können indes äußerst volksstark werden und verströmen zunehmend einen spezifischen Geruch, der süßlich-harzig ist, schwer zu beschreiben. Dieser Geruch kommt von ihrem Wehrsekret, den sie sehr gerne und intensiv ausschütten, wenn sie gestört werden - zudem riecht man ihn sogar auf ihren Ameisenstraßen und in Nestnähe. In der Haltung bedeutet dies: Es wird immerzu danach riechen, da der Platz sehr beschränkt ist, jedenfalls bei Kolonien, die schon etwas gewachsen sind. Manchen Haltern wird davon regelrecht übel davon, das Undekan darin ist ja sogar toxisch, auch für Menschen (wenngleich nicht in solch niedrigen Konzentrationen ;)). Allerdings wirkt es auf andere Lasius-Arten durchaus giftig, ja selbst auf diverse Formica.


    Man muss natürlich entsprechend Platz einplanen, denn die Ameisen bilden lange Straßen zu ihren Futterplätzen und benötigen viel "Auslauf". Die Arbeiterinnen der Wirtskolonie werden nach der Gründung zunehmend verdrängt, die Lasius fuliginosus Gyne legt dafür entsprechend viele Eier - denn die Lasius fuliginosus Arbeiterinnen müssen sich erstmal gegen ihre Wirte behaupten.



    Hoffe diese Angaben helfen dir vorerst etwas weiter, auch wenn sie nicht der Weisheit letzter Schluss sind.


    Herzliche Grüße,
    ice_trey

  • Hallo ice_trey,


    vielen Dank für Deine äußerst interessanten Berichte. Sind sehr interessant zu lesen.


    Bislang habe ich mich für Ameisen interessiert, die ich auf meinem Waldgrundstück ansiedeln kann; einheimische Arten natürlich, wie Camponotus ligniperdus, Formica sanguinea, und Lasius fuliginosus.


    Mit letzterer habe ich noch gar keine Erfahrung. Dies möchte ich aber ändern. Du schreibst, die Königin kann sich nicht einmal selbst versorgen? Nimmt sie denn keinen gereichten Honig auf?


    Vielleicht kannst Du mir noch den Tipp geben, wann und wo am besten ich begattete Gyne der o.g. Arten finden kann`?


    Liebe Grüße aus Kiel
    Kai :daumendrueck:

    • Offizieller Beitrag

    Hallo nochmal.


    Nein, wie gesagt - die Gyne kann sich soweit ich weiß selbst nicht versorgen und ich habe auch nie eine Gyne gesehen, die das getan hätte - wie gesagt, eher sterben sie dann.
    Wenn jemand anders mal eine Lasius fuliginosus Königin beim eigenständigen Fressen beobachtet hat: Bitte korrigiert mich.


    Zum Schwarmflug: Lasius fuliginosus schwärmt in manchen Teilen Deutschlands jetzt, bei mir hier im bayerischen Schwaben erst im Juni. Tageszeit ist dann am nachmittag, wenn es schön warm und trocken ist. Das Finden ist dann leider eher Glückssache - an Feldwegen, mitten in der Wiese, im eigenen Badezimmer, direkt in der Nähe einer bestehenden Lasius fuliginosus Kolonie... das waren so die Orte, wo ich Gynen zufällig gefunden habe :winking_face:
    Zudem solltest du beachten, dass diese Art äußerst lange Laufwege aufweisen kann - wir hatten mal eine Straße einmal im Kreis um unser gesamtes Haus herum bis zum Grundstück des Nachbarn. Das sind viele Meter. Nur als Info, nicht, dass du dein Haus gefährdest - denn wer will die Ameisen denn im Haus haben?
    Außerdem ist Lasius fuliginosus äußerst dominant und verdrängt schnell andere Arten. Da du von Waldgrundstück sprichst ist da denke ich wohl genug Platz, dass die Ameisen sich etwas ausbreiten können.


    Formica sanguinea fängt gerade an zu schwärmen, das geht bis in den September hinein. Regional ist der Schwarmflug unterschiedlich, die Hauptschwärmzeit ist dann wohl im Hochsommer. Wann das bei DIR genau ist, kann ich damit leider nicht beantworten. Auch hier ist das Finden - wie immer, eher Glückssache. Man muss die AUgen offen halten in der Nähe von Waldgebieten. Auf hellen Untergründen fallen die Gynen einem natürlich besser ins Auge (z.B. Feldwege am Waldrand).
    Hier ist die Gründung eher wieder problematisch und kann von Adoption durch bestehende Kolonien, Puppenraub der Gyne bei fremden Kolonien, Pleometrose (selbst mit Königinnen von "Sklaven"arten wie (Servi)Formica fusca) und auch Nesteroberung mit Hilfe von einem Teil der Arbeiterinnen der Ursprungskolonie reichen. Am praktikabelsten ist da wohl die Zugabe von Puppen in der Haltung :winking_face:


    Bei Camponotus ligniperdus ist die Hauptschwärmzeit jetzt im Juni. Leider habe ich noch nie eine Gyne dieser Gattung nach dem Schwarmflug gesehen, nur beim Starten. Ein wahrlich großartiger Anblick, wie die dicken Königinnen davonbrummen um... schwupps, dummerweise direkt im nächsten Vogelmaul zu landen. Ja, sie sind sehr begehrt :winking_face:
    Auch hier würde ich an warmen, sonnigen Tagen am späten Nachmittag in der Nähe von Waldgebieten Ausschau halten. mEn findet man in Waldnähe besonders viele Königinnen.



    Du siehst, dein Unterfangen ist nicht ganz einfach. Insbesondere, da es durchaus schon bestehende Völker in deinem Waldgebiet geben wird. Diese stehen dann oft in direkter Konkurrenz zu deinen Kolonien. Habe das selbst mal mit einer Myrmica cf. rubra Kolonie gestetet. Nach einer Nacht war die Kolonie von einer Lasius cf. niger Kolonie in der Nähe komplett ausgelöscht worden.



    Würde mich daher interessieren, wie du dir das vorstellst - sprich: Wie willst du herangehen? Wie willst du die Ameisen in ihrer Gründungsphase oder jungen Koloniezeit schützen? Wie vermeidest du, dass sie gegen deinen Willen umziehen - denn der Platz, den du ihnen aussuchst, muss ihnen nicht unbedingt passen :winking_face:


  • Würde mich daher interessieren, wie du dir das vorstellst - sprich: Wie willst du herangehen? Wie willst du die Ameisen in ihrer Gründungsphase oder jungen Koloniezeit schützen? Wie vermeidest du, dass sie gegen deinen Willen umziehen - denn der Platz, den du ihnen aussuchst, muss ihnen nicht unbedingt passen :winking_face:


    Hallo, nochmals vielen Dank für Deine interessanten Erfahrungen und Hinweise. Bislang habe ich dieses Jahr zwei Kolonien der Rossameise Camponotus ligniperdus (mit je ca. 15 Arbeiterinnen) im Waldgarten ansiedeln dürfen. Hierzu habe ich an mir geeignet erscheinenden Stellen einen längeren Gang in der Erde unter bzw an Baumstämmen vorbereitet und die Kolonien einlaufen lassen. Dies war bereits Anfang Mai. Die Ameisen wurden noch im Reagenzglas gut mit Zuckerwasser aufgefüttert, bevor es losging. Mittlerweile haben sie es sich in der Erde gemütlich gemacht, und nur ganz selten ist mal eine Arbeiterin am Eingang zu sehen.



    Was Lasius flu....us anbetrifft so muss ich abwarten, ob ich eine Kolonie von jemandem erhalte, oder ob mir die Gründung mit einer Gyne selber gelingt. Das scheint ja wirklich sehr schwierig zu sein. Wenn ich dann eine Kolonie dieser Art habe, dann muss ja noch ein größerer, leicht morscher Baumstamm einer Weichholzart beschafft werden. Mein Waldgarten ist für Ameisen eigentlich ideal. Hier gibt es viele Weidenarten, Eichen, wo die Ameisen Blattlauspflege betreiben können.



    Auch an Formica sanguinea bin ich sehr interessiert; hier scheint es ja leichter zu sein, an eine Kolonie zu kommen. Gern berichte ich hier weiter, wenn mir praktische Erfahrungen dann auch vorliegen.
    Liebe Grüße
    Kai

    • Offizieller Beitrag

    Achja, eines ist mir gerade noch eingefallen - ich dachte, ich hätte mal gelesen, dass im Labor eine Gründung von Lasius fuliginosus bei Lasius niger gelungen wäre. Ich finde nur die Stelle nicht, wo ich das mal gelesen hatte. Das nur noch als Randinfo - evtl. kann also eine Gründung auch dort gelingen.


    Abseits alledem möchte ich dich auch noch auf diesen Thread hier aufmerksam machen: Klick.
    Das Stichwort ist intraspezifische Homogenisierung. Ich komme darauf zu sprechen, da das Ansiedeln fremder Kolonien im heimischen Ökosystem nicht ganz ohne ist, sofern die Gynen nicht ohnehin aus der Gegend stammen. Da ich bisher angenommen hatte, dass du die Königinnen ohnehin selbst in deiner Gegend fangen willst - wegen deiner Frage nach dem Schwarmflügen - stellt das kein Problem dar. Ich füge dies nur hinzu, falls du bei einem Misserfolg auf Shopware/Kolonien fremder Halter zurückgreifen möchtest.


    So long :winking_face:


    ice_trey

  • Nein, wie gesagt - die Gyne kann sich soweit ich weiß selbst nicht versorgen und ich habe auch nie eine Gyne gesehen, die das getan hätte - wie gesagt, eher sterben sie dann.


    Ich hatte wie du weisst ja mal für ein paar Tage eine und die ist immermal aus dem Rg in die mini Arena die ich ihr angeboten habe gekommen und hat gefressen.


    Verdammt warum ist mein Text jetzt mit im Zitat? - gefixt - Micky :winking_face:

    • Offizieller Beitrag

    Ehrlich? Ist mir wirklich neu. Will ich aber gerne glauben.


    Wie gesagt: Meine "Tests" endeten bei Alleinhaltung im Tod der Gyne. Ob diese denn nun frisst oder nicht ist letztendlich auch nicht relevant - die Gyne kann de facto nicht allein gründen, sondern braucht eine Wirtskolonie. Die Frage ist eben nur, welche Arten dafür geeignet sind. Ich meine mittlerweile sagen zu können, dass Lasius flavus es nicht ist.


    Sinnvollerweise würde man natürlich gleich eine Chthonolasius nehmen, aber wer will schon das Geld investieren für Shopangebote, die sind ja schwarmflugmäßig kaum auffindbar...

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